Das magische Qualität-Zeit-Kosten-Dreieck
Wenn der Kunde mal wieder mehr Leistung verlangt in kürzerer Zeit, aber weniger dafür zahlen will, solltest du dein magisches Dreieck aus dem Ärmel ziehen. Das hat Innovatus voll verpennt.
Wieder einmal am beliebtesten Treffpunkt der Hotair Coworking: Innovatus sinniert trübsinnig über einer Tasse Kaffee. Logina stellt sich mit einer Tasse Tee dazu, in der sie einen Teebeutel langsam auf und nieder schweben lässt.
Logina: „Na Innovatus, schön eingeseift worden, was? Wieso hast du dir das aufschwatzen lassen? Mehr Leistung in weniger Zeit bei geringeren Kosten. Wieso um alles in der Welt hast du deinem Kunden nicht das magische Dreieck unter die Nase gerieben. Dann hätte er vielleicht wenigstens mehr dafür gezahlt.“
Innovatus: „Das was ???“
Logina: „Magisches Dreieck … Leistung – Zeit – Kosten … na klingelt’s da irgendwo in der Rübe?“
Innovatus: „Nö.“
Logina nimmt sich eine Papierserviette und malt ein Dreieck: „Also, wenn die Leistung nach oben geht, steigen automatisch auch die Kosten oder die Zeit oder beides.“
Innovatus: „Ach ja … da hab ich glaub ich schon mal was von gehört.“
Logina: „Tja, geht halt nichts über eine gute Vorbereitung. Dann war das jetzt wohl eine Lernerfahrung für dich, hm? … Mist, zu schwarz!“
Logina wirft den Teebeutel in den Mülleimer, kippt den Tee weg und verlässt grummelnd die Cafeteria. Innovatus sieht ihr nach und vertieft sich wieder in seinen Kaffee. Einfach nicht sein Tag heute.
Vom magischen Dreieck hat sicher jeder schon einmal gehört. Aber ist es wirklich das Allheilmittel gegen überzogene Kundenforderungen? Oder doch lieber mit Vorsicht zu genießen?
Das magische Qualität-Zeit-Kosten-Dreieck
Das magische Dreieck oder Qualität-Zeit-Kosten-Dreieck ist eine Darstellung, die es dir erlaubt, auf einfache Art und Weise zu zeigen, dass die 3 Größen Qualität, Zeit und Kosten voneinander abhängen. Änderungen werden in dem Dreieck durch einen Pfeil dargestellt. Der Aufwand für jede Größe ändert sich jeweils parallel zur Achse.
! Achtung Risiko !
In den Beispielen wirst du aber auch sehen, dass sich das magische Dreieck nicht zu irgendwelchen Berechnungen eignet. Das Problem ist nämlich, dass mit dem magischen Dreieck versucht wird, ein dreidimensionales Problem in einem zweidimensionalen Schaubild darzustellen. Das geht schlicht und einfach nicht. Du solltest es wirklich nur zu einer schematischen Darstellung verwenden und auch nur dann, wenn es auch wirklich das zeigt, was du darstellen willst.
Wenn also ein Kunde von dir mal wieder verlangt, bei gleichen Kosten die Leistung zu erhöhen, dann kannst du ihm mit dem magischen Dreieck bildhaft die Abhängigkeiten klarmachen.
Die 3 Seiten des Dreiecks im Detail
Bevor wir zu ein paar konkreten Beispielen kommen, möchte ich dir gerne die 3 Seiten des Dreiecks erklären.
Qualität
Der Begriff Qualität wird hier anders verwendet als im privaten Umfeld. Wenn wir privat zum Beispiel von der Qualität eines Autos sprechen, dann meinen wir, ob es lange hält und nicht klappert. Im Business versteht man unter Qualität nicht nur das Klappern, sondern einfach alle Eigenschaften, die einen Gegenstand oder eine Leistung ausmachen. Egal ob positiv oder negativ. Also zum Beispiel ist die Farbe eines Gegenstandes genauso eine Qualität wie die Lieferzeit.
Deshalb steht in unserem Dreieck Qualität/ Leistung. Also sprich: alle Leistungen, die erbracht werden.
Zeit
Der Begriff Zeit ist klar. Mit Zeit sind die Liefertermine gemeint, wobei du hier vorsichtig sein musst, wie ich dir bei den Beispielen noch erläutern werde, denn mehr Zeit zu haben, heißt nicht unbedingt geringere Kosten.
Kosten
Unter Kosten sind alle Ressourcen gemeint, die finanzielle Mittel verschlingen. Also beispielsweise Arbeitskraft, aber auch Miete oder bei einem Bauprojekt ein zusätzlicher Bagger.
Wenn du die Kosten ansetzt, denke auch daran, Kosten für Menschen und Ressourcen zu berücksichtigen, die eigentlich schon da sind, oder nicht stundenweise abgerechnet werden. Die Ressourcen, die du zusätzlich bindest, können nämlich in dieser Zeit nicht anderweitig genutzt werden, beziehungsweise sind dem Verschleiß unterworfen.
Wenn du also beispielsweise einen zweiten Drucker benötigst, der dir aber firmenintern ausgeliehen wird, weil er nur herumsteht, dann kostet dieser Drucker trotzdem genauso viel, als würdest du ihn extern für Geld mieten.
Beispiele für das magische Dreieck
Ich möchte dir jetzt anhand von zwei Beispielen zeigen, wie das magische Dreieck funktioniert, was es kann und was nicht, und wo die Risiken liegen.
1.) Mehr Leistung
Dein Kunde verlangt also mehr Leistung, sieht aber nicht ein, dass er dafür mehr zahlen soll. Deshalb akzeptiert er, dass der Liefertermin sich verzögern wird, man also keine zusätzlichen Ressourcen benötigt.
Die Darstellung des magischen Dreiecks scheint zu zeigen, dass sich zwar Zeit und Leistung verändern, die Kostenkomponente auf ihrer Achse aber unverändert bleibt. Das ist natürlich Blödsinn und funktioniert im wahren Leben nicht.
! Achtung Risiko !
Im Business kostet Zeit immer auch Geld. Stell dir vor, du beschäftigst 10 Bauarbeiter 10 Tage lang, um ein Haus zu bauen. Wenn du dieselben 10 Bauarbeiter dann 20 Tage beschäftigst, um 2 Häuser zu bauen, dann brauchst du trotzdem nur dieselben 10 Bauarbeiter. Du könntest also sagen, du brauchst nicht mehr Ressourcen, aber das ist, wie schon gesagt, natürlich Blödsinn, denn du musst sie ja doppelt so lange bezahlen. Doppelte Leistung ist meist, bis auf Produktivitätseffekte, auch doppelt so teuer.
Was sind Produktivitätseffekte? Diese Effekte beruhen darauf, dass die 10 Bauarbeiter beim Bau des ersten Hauses vielleicht Fehler gemacht haben, die Zeit kosteten. Die machen sie natürlich beim zweiten Haus nicht mehr, brauchen also vielleicht nur noch 8 Tage. Das bedeutet eine um 2 Tage bessere Produktivität. Das funktioniert natürlich nur am Anfang. Wenn deine Bauarbeiter 1.000 Häuser gebaut haben, dann werden Sie beim 1.001sten Haus nicht mehr so viel lernen, dass sich das deutlich auswirkt.
! Achtung Risiko !
Es ist natürlich auch ein kleines Fünkchen Wahrheit in der Argumentation deines Kunden und du darfst nicht zu kategorisch sein, wenn du diese Darstellung ablehnst. Denn neben der höheren Produktivität, wenn dieselbe Leistung zweimal erbracht wird, können natürlich auch anderswo Kosten gespart werden, wenn der Kunde eine längere Dauer akzeptiert. Beispielsweise müsste vielleicht nicht am Wochenende gearbeitet werden. Damit fallen die Zuschläge weg. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Andere Kosten sind zeit- und produktivitätsunabhängig und wieder andere kosten umso mehr, je länger du sie in Anspruch nimmst, egal wie viel Leistung erbracht wird. Es ist also wichtig, dass du deine Argumentation gut vorbereitest und das Thema von allen Seiten beleuchtest, bevor du in dieses Gespräch mit dem Kunden gehst.
2.) Es muss schneller gehen
Es gab Verzögerungen in der Entwicklung, Produktion oder wo auch immer. Selten läuft etwas genau so ab, wie geplant. Du hast Glück und der Kunde ist schuld. Jetzt will er aber die verlorene Zeit aufholen. Um ihm zu zeigen, dass da Kosten entstehen, legst du ihm folgendes Diagramm vor:
Im Gegensatz zu Beispiel 1 stimmt hier die Darstellung des magischen Dreiecks. Die Zeit ist kürzer, die Leistung bleibt gleich und die Kosten steigen. Warum das denn, wo doch im vorigen Beispiel bei einer längeren Zeit auch die Kosten nach oben gegangen sind?
Weniger Zeit bedeutet ebenfalls Kosten. Die Geschichte mit den Bauarbeitern funktioniert hier scheinbar nicht, denn wenn ich ein Haus in der halben Zeit bauen will, dann brauche ich zwar doppelt so viele Leute, aber nur für die halbe Zeit, also müssten die Kosten doch gleich bleiben.
Das stimmt zwar an sich, aber leider kann ich nicht beliebig viele Leute einstellen und entlassen, um Schwankungen auszugleichen. Wenn ich also die Zeit verkürzen will, aber nicht mehr Leute zur Verfügung habe, müssen diese Leute länger arbeiten oder ich brauche zusätzliche Maschinen, um sie zu unterstützen.
Das alles kostet. Nämlich zum Beispiel Zuschläge für Wochenendarbeit. Dazu kommen Zuschläge für Eilbestellungen, schnellere Lieferung, etc. Wenn ich zum Beispiel ein Maschinenteil von Deutschland nach Mexiko bringen muss, dann kann ich das in 4 Wochen mit dem Schiff oder in 4 Tagen mit dem Flugzeug tun. Ich spare 3 Wochen, habe aber mindestens die 5fachen Kosten.
Das Wichtigste im Schnelldurchlauf
Ich hoffe, ich konnte dir aufzeigen, was es mit dem magischen Dreieck auf sich hat. Leider ist es alles andere als trivial und nicht damit getan, ein paar Pfeile ins Dreieck zu malen, um den Kunden zu überzeugen.
Besonders wenn dein Kunde den Geldbeutel aufmachen soll, hilft dir eine Trotzreaktion à la „Ich will aber mehr Geld!“ nicht weiter. Eine gut aufgebaute Argumentation hingegen schon. Du hast gesehen, wie du mit dem magischen Dreieck deine Argumentation stützen und damit deinen Kunden eventuell zur Einsicht bringen kannst.
Aber es gibt natürlich ein Risiko. Wie im Beispiel 1 gezeigt, kann man die Darstellung auch missverstehen, ob mit Absicht oder nicht. Auf diese Fälle musst du dich vorbereiten, damit du nicht kalt erwischt wirst.
Jetzt bist du dran!
Probiere einfach mal an verschiedenen Situationen aus deiner bisherigen Erfahrung mit Kunden, wie sich das im magischen Dreieck darstellen würde und wie du die Auswirkungen einem Kunden erläutern könntest. Ich bin gespannt auf dein Feedback. Schreib es mir bitte unten in die Kommentare oder schicke mir über unser Kontaktformular eine Nachricht. Ich beantworte alle Nachrichten auf jeden Fall persönlich.
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