PDCA und das Paradoxon der Zukunft
Der Chef ist derjenige, der die Richtung vorgibt. Das ist klar, aber wie macht er das, wo er doch gar nicht weiß, ob der nächste Schritt der richtige ist? Das ist das Paradoxon der Zukunft. Am Anfang weiß ich nichts über das neue Projekt und könnte doch zu diesem Zeitpunkt noch alles beeinflussen, um es zum Erfolg zu führen; am Ende weiß ich alles, kann aber nichts mehr tun. Ob Projektina das wohl Influenza erkären kann?
Projektina steht mit Influenza am Kaffeeautomaten der „Hotair Coworking“, wie wir wissen der beliebteste Treffpunkt der Entrepreneure.
Influenza: „Darf ich dich mal was fragen? Ich habe gelesen, es gibt das Paradoxon des Projektmanagements. Ist das ein Buch oder ein neues Tool? Klingt irgendwie cool.“
Projektina: „Weißt du überhaupt was ein Paradoxon ist?“
Influenza: „Naja, also ähhh …“
Projektina: „Also pass auf, ein Paradoxon geht so: Katzen mögen Fleisch. Ich mag Fleisch. Also bin ich eine Katze. OK?
Influenza: „Hä?“
Projektina: „Ok, nicht verstanden. Also anders: Am Anfang eines Projektes weiß ich nichts, kann aber alles tun, damit das Projekt erfolgreich wird. Am Ende des Projektes weiß ich alles, kann aber nichts mehr tun. Das gilt übrigens nicht nur fürs Projektmanagement, sondern eigentlich für jedes Vorhaben, sogar im privaten Bereich.“
Influenza: „Is ja voll uncool!“
Projektina: „So ungefähr. Naja, dafür gibt es ja PDCA.“
Influenza: „Pidisijeh … Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke! Bruce Willis lässt grüßen, oder was?“
Projektina: „P D C Aaaaaa! Das ist etwas, dass du jetzt mal selber nachguckst. Viel Spaß.“ Damit nimmt sie ihren Kaffee, dreht sich um und geht.
Influenza: „Na toll, selber nachgucken.“
Projektina dreht sich noch einmal um ruft ihr lachend zu: „Da fällt mir noch ein Beispiel für ein Paradoxon ein: Du bist eins. Keine Ahnung von gar nichts, aber scheffelst einen Haufen Kohle.“
Influenza lacht: „Da siehst du mal, dass man euren ganzen Quatsch gar nicht braucht.“
Unsere liebe Influenza mag vielleicht denken, dass sie diesen „Quatsch“ nicht braucht, aber sie kommt schon auch noch dahinter, dass jeder Unternehmer, ja auch sie, Projekte hat und damit früher oder später über dieses Paradoxon stolpern wird.
Das Paradoxon der Zukunft
Das Paradoxon des Projektmanagements, oder das Paradoxon der Zukunft, ist das, was uns am Anfang des Projektes am meisten Angst macht. Wir wissen einfach nicht, wo die Reise hingeht. Es ist alles ungewiss. Werden die Dinge so funktionieren, wie ich mir das vorgestellt habe? Kann ich die Risiken ausschalten und, wenn ja, wie? Und die Chancen? Und wenn ich es dann irgendwann weiß, dann nur weil das Projekt praktisch beendet ist und ich nichts mehr ändern kann. Ist PDCA tatsächlich das Heilmittel gegen dieses Paradoxon oder nur ein weiteres amerikanisches Schlagwort?
Das Paradoxon des Projektmanagements könnte man auch das Paradoxon der Zukunft nennen, wenn wir den Begriff etwas weiter fassen wollen und dabei nicht aussschließlich an Projekte denken. Und es lässt sich leider nicht völlig abschalten. Wir können nur lernen es zu akzeptieren, damit umzugehen und zu versuchen, die Risiken so weit möglich zu minimieren.
Nicht nur bei Projekten, sondern eigentlich immer, wenn wir in die Zukunft blicken, werden wir mit diesem Paradoxon konfrontiert. Wir wissen eigentlich nie was kommt. Wenn wir dann in der Zukunft sind, dann schauen wir zurück und sagen uns, hätte ich gewusst, was kommt, dann hätte ich damals … Geht nur leider nicht mehr.
Du kannst dieses Paradoxon auf 2 Wegen entkräften:
Erstens kannst du dich umsehen und schauen, wer in der näheren Vergangenheit vor einer ähnlichen Situation stand, und was dieser Mensch damals getan hat, um das heutige Ergebnis zu erzielen. Dann kannst du daraus deine Schlüsse ziehen und die Dinge gleich oder anders angehen.
Zweitens kannst du einen Versuchsballon starten, ohne viel Kapitaleinsatz und schauen, ob du damit ein passendes Ergebnis erzielst oder nicht. Dort kommt dann PDCA ins Spiel.
Was du auf keinen Fall tun solltest, zumindest nicht, wenn du nicht dein Unternehmen, das Projekt oder beides aufs Spiel setzen willst, ist die Augen-zu-und-durch-Methode. Wenn es nämlich nicht klappt, dann hast du keine Chance, die Dinge wieder ins Lot zu bringen, weil du deine Ressourcen schon verpulvert hast.
Das Paradoxon lösen mit der PDCA-Methode
PDCA wurde vom Guru des Qualitätsmanagements und der kontinuierlichen Verbesserung, William Edwards Deming (1900 – 1993), entwickelt. Es ist ein englisches Akronym, und selbst wenn ich es gerne durch eine deutsche Buchstabenkombination ersetzt hätte, so wissen doch viele wovon du sprichst, wenn du es auf Englisch verwendest.
PDCA heißt Plan Do Check Act und hier die Buchstaben im Einzelnen und im Einsatz:
Plan (also Planen): Wir setzten uns ein Ziel, das wir erreichen wollen, ermitteln die Lösungen, mit denen wir denken zum Erfolg kommen zu können und überlegen im nächsten Schritt, welche Möglichkeiten wir haben, in kleinem Rahmen zu testen, ob das, was wir uns da ausgedacht haben, auch tatsächlich funktioniert. Ich schreibe demnächst mal einen Artikel über SMARTe Zielsetzung, denn ohne eine SMARTe Zielsetzung funktioniert PDCA nämlich nicht.
Also machen wir das mal mit einem einfachen Beispiel: Nehmen wir an, dein Vorhaben besteht darin, mit einem Auto, welches du dir kaufen willst, in 8 Stunden von München nach Hamburg zu fahren und dabei höchstens 4 Liter auf 100 km zu verbrauchen.
Plan bedeutet, du ermittelst die Eckdaten wie Strecke, Durchschnittsgeschwindigkeit, Verbrauch, Reifendruck und so weiter. Dann suchst du dir ein Fahrzeug aus, mit dem du denkst, dein Ziel erreichen zu können. Damit hast du im Wesentlichen deine Planung gemacht.
Der nächste Schritt beim Plan ist, sich zu überlegen, wie man testen kann, ob das, was man sich da ausgedacht hat, auch wirklich funktioniert. Und zwar ohne dein gesamtes Budget gleich in den Kauf eines Fahrzeugs und die Fahrt nach Hamburg zu stecken. Sollte das nämlich nicht funktionieren, dann hättest du keine Chance für einen zweiten Versuch, weil du dein Erspartes fürs Auto schon ausgegeben hättest. In unserem Fall wäre eine Lösung vielleicht, den Wagen, den du dir ausgesucht hast, zu mieten anstatt ihn zu kaufen und deine Tests auf einer kurzen Strecke zu machen.
Do (also Tun): Viele denken jetzt, dass man in diesem Schritt das, was man geplant hat, auch gleich richtig in großem Stil in die Tat umsetzt. Aber genau das ist nicht der Fall. Ziel ist es in diesem Schritt, die Ideen aus Schritt 1 mit möglichst geringem Budget in einer „Testumgebung“ auszuprobieren. Test wäre also vielleicht die bessere Bezeichnung dieses Schrittes gewesen.
In unserem Fall nimmst du dir also dein gemietetes Auto, machst alle Einstellungen, so wie du es geplant hast, und fährst deine Teststrecke ab.
Während deiner Fahrt auf der Teststrecke kannst du dann alle Parameter messen, die du brauchst.
Check (also Prüfen): Planen, Tun und Prüfen bilden einen kleinen Zyklus. Bei Check prüfst du nämlich, was bei deinem Tun, also dem Versuch in deiner Testumgebung, herausgekommen ist. Du schaust dir die Ergebnisse an und rechnest hoch, was wohl herauskommen würde, wenn du jetzt auf die „große Bühne“ gehst.
Und dann gibt es im Prinzip mehrere Möglichkeiten:
- Hurra!! Die Ergebnisse sind brillant, viel besser als erwartet. Dann los zum Schritt Act und umsetzen. Falls dies der erste Versuch ist, den du unternommen hast, wird das eher nicht passieren. Sondern du wirst dich bei 2 oder 3 wiederfinden.
- Ok, nicht schlecht, aber du bist noch nicht ganz da, wo du hinwillst. Der Verbrauch ist einen Tick zu hoch, die Geschwindigkeit zu langsam oder irgendetwas anderes stimmt nicht. Jetzt geht es zurück zu P wie Planen, sprich, noch mal in die Planung zum Optimieren. Welche Parameter könntest du wie anpassen, um dein Ziel zu erreichen? Das ist nicht schlimm, heißt aber einfach eine weitere Optimierungsschleife zu drehen. Dies ist übrigens der häufigste Fall in Projekten. Deshalb solltest du bei deiner Terminplanung auf jeden Fall 2 oder 3 Optimierungsschleifen einplanen.
- Sch…! Das hat so gar nicht geklappt. Die Ergebnisse sind komplett Müll. Tja, dumm gelaufen. Gehe zurück zur Badstraße, gehe nicht über Los und ziehe keine 4.000 Euro ein. Aber sieh es mal positiv. Deine Idee hat nur in einer Testumgebung versagt, du hast nicht viel kaputt gemacht und auf jeden Fall neue Erkenntnisse gewonnen, mit denen du einen zweiten Anlauf wagen kannst. Wie hat Thomas Edison gesagt: „Ich habe nicht versagt, ich kenne jetzt 1.000 Möglichkeiten, wie man eine Glühbirne nicht bauen darf.“ Da das mit der Glühbirne am Ende ja doch noch geklappt hat, solltest du auch nicht verzweifeln. Zurück zur Planung und etwas komplett Neues probieren heißt die Devise.
Act (also Aktion): Jetzt geht es ans Umsetzten. Du nimmst deine Erkenntnisse, deine Messungen und alles was du ermittelt hast und setzt das Ganze im großen Stil um. In unserem Beispiel kaufst du das Auto und fährst in 8 Stunden von München nach Hamburg. Oder du installierst deine neue Software auf allen Computern in deiner Firma, oder, oder, oder. Hast du jetzt eine 100% Erfolgsgarantie? Nein, natürlich nicht. Die 100% Garantie gibt es nicht. Aber du hast alles getan, damit dir das Glück hold ist.
Und weil’s so schön war, das Ganze noch einmal. Oder der PDCA-Kreis
Du hast tatsächlich gedacht, du bist fertig? Hihi, falsch gedacht.
PDCA ist eine Dauermethode. Kaum hast du die erste Runde komplett abgeschlossen, geht es mit der Suche nach neuen Optimierungspotentialen weiter.
Und schon bist du wieder bei P und eine neue Runde kann beginnen.
Jetzt bist du dran!
Jetzt hast du eine Methode gelernt, die sich für dich nicht nur im Business, sondern auch privat richtig lohnen kann. Es lohnt sich also zu üben und deine Fähigkeiten im PDCA zu verbessern.
Beispiele gefällig?
OK, Mitteleuropa stinkt dir und du träumst von einem Leben auf einer Ranch in Südamerika. Wie wäre es dann mal mit PDCA, anstatt hier alles zu verkaufen und sich blindlings ins Abenteuer zu stürzen? Also zum Beispiel mal ein 4-wöchiges Praktikum auf einer Ranch absolvieren. Oder eine 6-monatige Auszeit nehmen und so lange auf einer Ranch in Südamerika leben und arbeiten, damit du testen kannst, ob es dir dort gefällt oder was du ändern müsstest, damit es dir gefällt.
Ein letztes Beispiel: Du hast eine brillante, neue Business-Idee. Anstatt nun alles andere über Bord zu werfen und gleich eine AG zu gründen, um das nächste Facebook, Google oder Skype zu starten, beginnst du damit neben deinem normalen Geschäft. Dann kannst du sehen, ob du jemanden für deinen Service oder dein Produkt begeistern kannst oder nicht. Übrigens, auch Investoren wollen bei Neugründungen als erstes sehen, dass du einen Kunden geworben hast. Mir hat mal ein Investor gesagt: „Mich interessiert nicht, wie du gedenkst 100.000 Kunden zu gewinnen, mich interessiert, ob du 10 zahlende Kunden gefunden hast.“ Betonung auf „hast“!
Ich würde mich freuen zu hören, wie du PDCA ausprobiert hast und was deine Erfahrungen sind. Bitte schreib das doch mal in die Kommentare oder schicke mir über unser Kontaktformular eine Nachricht. Ich beantworte alle Nachrichten auf jeden Fall persönlich.
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