San Gen Shugi – Problemlösung auf Japanisch
Ich wette, du als Entrepreneur oder Unternehmer musst ständig irgendwelche Probleme lösen, oder? Besser du hast eine Methode zur Hand, die Spaß macht und effektiv ist: In diesem Artikel stelle ich dir San Gen Shugi vor, einfach und anschaulich anhand von Beispielen erklärt. An was unsere Influenza bei San Gen Shugi wohl denkt?
Wir spielen einmal mehr Mäuschen bei der „Hotair Coworking„. Innovatus und Projektina stehen am Kaffeeautomaten und genießen 5 Minuten Pause. Projektina erzählt gerade von ihrer letzten Schulung zum Thema Problemlösung, als Influenza dazukommt.
Projektina: „… und dann hat uns der Trainer noch den San Gen Shugi Ansatz erklärt. Das war echt klasse. Ist super effizient und macht dabei auch noch Spaß.“
Influenza unterbricht sie: „Klasse! Du hattest einen Sushi-Kurs!? Da wäre ich auch gerne dabei gewesen, wo ich doch so gerne koche.“
Projektina (leicht genervt): „Nicht Sushi! Problemlösung! San Gen Shugi! Die Haltung der 3 Gen, kann man auch mit den 3 Realitäten übersetzen. Das besteht aus Gen-ba, übersetzt der reale Ort mit den Leuten dort, also hier mit dir. Gen-butsu, dem realen Produkt oder Service, also mit dem was du tust, zum Beispiel mich nicht ausreden lassen. Und Gen-jitsu, also mit realen Daten. Also, du hast mich gerade vor 2 Minuten unterbrochen, als ich mich mit Innovatus unterhalten habe. Das Ergebnis meiner Analyse: DU BIST DAS PROBLEM!“
Innovatus klopft Influenza auf die Schulter: „Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Aber nimm’s nicht tragisch. Morgen ist ein neuer Tag. Und dann kannst du ein neues Problem sein.“ Lacht und zu Projektina „Komm wir gehen ’ne Runde spazieren, ich würde da gerne noch mehr erfahren über dein Sushi.“
Beide schnappen sich ihren Kaffee und lassen Influenza frustriert zurück. „Aber ich wollte doch nur wissen, wie die das machen die Japaner mit dem Sushi…“
Und nun noch eine kleine Geschichte
Ich möchte dir die Wirksamkeit von San Gen Shugi anhand einer wahren Geschichte zeigen, die mir vor einigen Jahren als Entwicklungsleiter eines Automobilzulieferers passiert ist.
Ich wurde zu einem Kunden, nennen wir ihn D gerufen, man habe ein sehr ernstes Problem und bräuchte unbedingt meine Anwesenheit, da man mit dem Lieferanten A nicht klar käme. Ich fuhr also in den Süden und fand mich zusammen mit dem Lieferanten und 5 Mitarbeitern in einem kleinen Besprechungsraum wieder.
Die Besprechung war in vollem Gange und die Gemüter schon recht gut aufgeheizt. Hätte ich ein Ei gehabt und es im Besprechungsraum hochgeworfen wäre es wohl hart gekocht zu Boden gefallen.
Das Problem war folgendes: A lieferte einen Autokühler, der schwarz lackiert sein sollte. Allerdings machte A das mit einem Roboter und dort, wo der Roboter den Kühler hielt, war der natürlich nicht lackiert, also glänzend alufarben. D wollte den Kühler ganz in schwarz, denn schließlich baue man Oberklassewagen und was würden die Kunden sagen, wenn da ein paar glänzende Flecken drauf wären. A sagte, dann müsste der Roboter umgreifen und die Lackierung würde doppelt so teuer. Das wollte D natürlich auf gar keinen Fall.
Die Diskussion ging hin und her, bis ich mein „San Gen Shugi“ in den Raum rief. Fragende Gesichter überall. Also sagte ich, ich würde mir das Thema gerne mal nicht als Bild auf der Präsentation, sondern in der Realität anschauen. Ob es denn hier irgendwo zufällig ein Auto gäbe, wo wir das ganze mal live und in Farbe betrachten könnten. Allgemeines Gelächter, schließlich waren wir nur 5 Minuten von der Fertigungslinie entfernt.
Also die ganze Mannschaft raus aus dem Besprechungsraum, runter in die Produktion und ran ans Objekt. Am Ende der Linie fanden wir dann tatsächlich ein komplett montiertes Auto und auch noch genau das richtige Modell. Also Motorhaube auf und reingeschaut.
Ungläubiges Staunen. Der Kühler war unter einer dicken Plastikabdeckung begraben und nicht zu sehen. Weder für uns, noch für einen Kunden. Problem nicht sichtbar, Problem gelöst. So einfach ist das, wenn man sich mal aus einem wohltemperierten Besprechungsraum in die Realität bemüht. Das einzige was nötig war, um das Thema endgültig aus der Welt zu schaffen, war, die Montagearbeiter zu schulen, dass die 4 hellen Flecken auf dem Kühler OK sind.
Wie du siehst, San Gen Shugi ist eine hoch effektive Methode, wenn es um das Thema Probleme lösen geht. Es lohnt sich also, sich das ein bisschen näher anzuschauen. Auch wenn ich natürlich zugeben muss, dass es nicht immer so schön einfach abläuft wie in meiner obigen Geschichte.
San Gen Shugi, was sich wirklich dahinter verbirgt
San Gen Shugi, du hast es ja schon gelesen, ist eine Methode, die in Japan erfunden wurde. Sie stammt ursprünglich von Toyota. Übersetzt heißt das so ungefähr die „Haltung der 3 Gen“ oder Realitäten.
Es geht also um die Realität. Und das ist genau der Punkt, wo für mich der Spaß ins Spiel kommt. Realität macht immer Spaß. Es ist nichts gefiltert, kein theoretisches Gefasel, ohne konkrete Daten, keine politisch korrekten Aussagen, keine gephotoshopten Bilder. Etwas tut, oder tut nicht, so einfach ist das.
Und wenn du mal in einer Werkhalle warst und ernsthaft mit einem Monteur über ein Problem gesprochen hast, dann wirst du auch die Begeisterung in seinen Augen gesehen haben, dass sich endlich mal einer von den Schlipsträgern (wie heißt eigentlich die weibliche Entsprechung?) in das wahre Leben hinab bemüht.
Schauen wir uns die 3 Realitäten einmal genauer an und du wirst erkennen, was die Methode so unschlagbar macht.
Gen-ba (Der reale Ort)
Gemeint ist der Ort, an dem das Problem wirklich aufgetreten ist. Es ist schon erstaunlich. Wenn man sich so die allgemeine Vorgehensweise ansieht, wenn es um Probleme geht, dann könnte man meinen, nahezu alle Probleme treten in Besprechungsräumen auf. Das ist jedoch meiner Erfahrung nach eher selten der Fall. Die Probleme sitzen meistens in Besprechungsräumen und netten Büros, aber das ist ein anderes Thema.
Also erster Akt, begib dich dorthin, wo das Problem wirklich entstanden ist. Dazu gehört auch, sich mit genau den Leuten zu unterhalten, die das Problem entdeckt haben, und mit den Leuten, die davon betroffen sind.
Also wenn aus der Produktion gemeldet wird, dass sich 2 Teile plötzlich nicht mehr richtig zusammenschrauben lassen, dann ist der Ort, an den du gehen musst, die Produktion. Und nirgendwo anders hin. Und du musst mit den Leuten vor Ort reden. Was ist anders, wie war es vorher? Ist das wirklich ein Problem, oder sehen die Leute vor Ort das gar nicht? Gibt es noch andere Dinge, die gleichzeitig geändert wurden?
Das ist echte Detektivarbeit. Aber bevor du nicht verstanden hast, worum es geht, kannst du keine Lösung finden. Und vielleicht stellst du ja wie in meiner Geschichte oben fest, dass es gar kein echtes Problem gibt.
Übrigens, mir ist natürlich klar, dass, falls der reale Ort tausende von Kilometern weg ist, dann kannst du da nicht spontan hinfahren. Aber es gibt bestimmt ein Management-Team vor Ort und die haben sich dann gefälligst in die Produktion zu begeben. Heute kann man mit jedem Handy ein Video drehen und dir zusenden. Und via Skype o.ä. kannst du dich eventuell sogar live zuschalten, Fragen stellen und über die Kamera im Laptop den Vorgang direkt ansehen. „Geht nicht“ ist nur eine Ausrede.
Gen-butsu (Das reale Teil)
Die zweite Realität ist das reale Teil. Damit ist nicht nur ein physisches Stück zum Beispiel aus Metall gemeint, sondern auch zum Beispiel ein Service, ein Dokument, ein Vorgang.
Wenn du ein Problem analysieren und verstehen willst, dann brauchst du dazu, bleiben wir mal beim physischen Stück Metall, ein reales Teil beziehungsweise mehrere. In meiner Geschichte also einen Autokühler, und zwar genauso einen mit Flecken, und ein Auto.
Jedem vernünftig denkenden Menschen sollte klar sein, dass ein Powerpoint kein reales Teil ist. Trotzdem wird das, oft aus Faulheit, immer wieder verwechselt. Also besorge dir reale Teile und nimm es mit in die Besprechung. Sind die Teile zu groß, dann muss der Berg halt zum Propheten oder du zum Teil.
Gen-jitsu (Die realen Daten)
Um ein Problem wirklich beurteilen zu können, brauchst du neben dem realen Ort, dem realen Teil auch reale Daten.
Was heißt das? Du musst dir alles, was es an Zahlenwerk über das Problem gibt, besorgen. Abschätzungen, Vermutungen, Extrapolationen sind keine realen Daten. Der Vater des Qualitätsmanagement William Edwards Deming hat gesagt, was du nicht messen kannst, das kannst du auch nicht verbessern.
Also besorge dir Daten, und zwar die richtigen. Nicht irgendwelchen statistischen Datenmüll. Und auch keine Vermutungen, so nach dem Schema, mit dem Teil hatten wir noch nie ein Problem oder schon immer Probleme. Ob etwas gut oder nicht gut ist, ist eine Einschätzung, gefärbt von den Erwartungen desjenigen der antwortet. Das sind keine Daten. Dazu ein kleines Beispiel.
Wenn ich dich Frage, ob ein Fiat ein gutes Auto ist, wie wäre wohl deine Antwort. Nun das kommt darauf an. Bist du vorher Lada gefahren, würdest du wohl sagen: “Tolles Auto.“ Kommst du von Audi, wäre die Antwort: „Klapperkiste“. Damit fängst du nichts an. Mit der Aussage, dass bei einer Beobachtung von 1000 Autos 20 davon nach 10.000 km oder vorher die erste Panne hatten, dagegen schon. Das sind Daten. Jetzt kannst du entscheiden, ob 20 zu viel oder OK sind. Und du kannst deinem Management echte Daten für eine Entscheidung über das weitere Vorgehen liefern.
Zusammenfassung
Viel zu oft werden Probleme nicht gelöst, verselbständigen sich und werden zu echten Krisen, weil wir uns aus Bequemlichkeit nicht mit der Realität beschäftigen. Es ist eben manchmal unbequem, sich aus seinem wohltemperierten Büro hinaus in die reale, kalte Welt zu begeben.
San Gen Shugi, die Haltung der 3 Realitäten, geht genau dieses Thema an und sorgt damit für einen ganz einfachen Ansatz zur Behandlung von Problemen.
Es sind die 3 Gen, also
Gen-ba (der reale Ort), also dort wo das Problem aufgetreten ist, wo es beobachtet werden kann,
Gen-butsu (das reale Teil), also das Teil oder der Service, der das Problem verursacht und
Gen-jitsu (die realen Daten), also das Zahlenwerk, was dir erlaubt, das Problem in allen Details genau zu beurteilen.
Wenn du bereit bist, dich in die Realität zu begeben, wird die Lösung von Problemen zum Kinderspiel und du hast obendrein noch jede Menge Spaß damit.
Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran. Denke mal an den letzten Fall, bei dem du beteiligt warst und bei dem versucht wurde, ein Problem im Besprechungsraum zu lösen. Haben alle das Problem wirklich verstanden? War es überhaupt ein Problem? Wie lange hat es gedauert, bis das Thema wirklich vom Tisch war?
Und jetzt mach mal einen Selbstversuch und wende bei der nächsten Gelegenheit San Gen Shugi an. Wie fühlt sich das an? Vergleiche mit deiner letzten Erfahrung ohne diese Methode. Wie lange dauert es diesmal, bis das Problem gelöst ist? Wie ist das Feedback der Beteiligten? Und ganz wichtig, wie ist der Fun-Faktor?
Ich bin gespannt auf deinen Erfahrungsbericht, den du mir bitte unten in den Kommentaren hinterlässt. Oder schicke mir über unser Kontaktformular eine Nachricht. Ich beantworte alle Nachrichten auf jeden Fall persönlich.
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