Selbstversuch: Concept Map versus Mind-Map
Wer den Überblick hat, gewinnt die Schlacht. Zum Start einer neuen Businessidee oder Launch eines neuen Produkts gilt es, sich einen Überblick zu verschaffen. Was muss rein ins Projekt und was nicht. Was soll geliefert werden, wer wird einem reinreden, welche Ziele sind wichtig. Welches Tool gewinnt den Kampf, die Mindmap oder die Concept Map? Für was wird sich Innovatus wohl entscheiden?
Am Kaffeeautomaten der „Hotair Coworking„: Innovatus blickt versonnen in den dampfenden Kaffee. Projektina und Influenza gesellen sich dazu.
Projektina: „Wenn du im Kaffeesatz lesen willst, musst du ihn austrinken.“ (grinst)
Innovatus: „Mir schwirrt da so eine Idee im Kopf herum, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich wollte Entscheidniks dazu inteviewen, weil er die Zielgruppe perfekt repräsentiert. Aber…“
Projektina grinst noch breiter: „Schon mal ‚nem Ochsen das Fliegen beigebracht? Bringt nichts, fällt immer gleich wieder runter. Aber mal ernsthaft. Warum machst du nicht ‚ne Concept Map oder ‚ne Mind-Map? Dann hast du deinen Überblick.“
Innovatus: „Was würdest du denn nehmen, Concept oder Mind?
Projektina: „Kommt darauf an, wie viel Zeit du hast.“
Innovatus: „Wie immer. Keine.“
Projektina: „Dann nimm die Mind-Map. Geht viel schneller.“
Influenza: „Und warum fängst du nicht einfach an, anstatt das ganze Planungszeug zu machen?“
Innovatus wendet sich an Projektina: „Haben wir nicht in 5 Minuten ein Meeting?“
Projektina: „Aber unbedingt!“ … Und an Influenza gewandt: „Schönen Tag noch.“
Beide drehen sich um und gehen. Influenza bleibt mit offenem Mund zurück: „Hey, was soll das denn jetzt? Die haben doch gar kein Meeting!“
Sich zum Start einer neuen Geschäftsidee oder eines neuen Produkts/Services ein Gesamtbild zu verschaffen, ist enorm wichtig. So verhinderst du, dass du etwas Wichtiges vergisst oder deine Energie vergeudest. Aber hat Projektina recht, wenn sie die Mind-Map empfiehlt, wenn es schnell gehen soll?
Der Selbstversuch: Mind-Map gegen Concept Map
Was ist wohl besser, Concept Map oder Mind-Map? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Ich denke allerdings, du hast eine Antwort verdient. Also habe ich mich zum Selbstversuch entschlossen. Um möglichst konkret zu sein, habe ich als Beispiel mein eigenes Business, Cactus Competence, genommen.
Kandidat 1: Die Concept Map
Die Concept Map wurde in den 1970ern von Joseph D. Novak an der Cornell Universität entworfen. Vermutlich ist das der Grund, warum sie bei Wissenschaftlern so beliebt ist.
Der Aufbau
Die Concept Map besteht aus verschiedenen Formen, auch „Concepts“ genannt, und verbindenden Pfeilen. Die Pfeile dienen dazu, die Verbindung zwischen den „Concepts“ mit einem Verb zu erklären.
Also zum Beispiel:

Beispiel einer Concept Map
Soweit so gut. Im einfachen Beispiel sieht das ganz nett aus.
In der „reinen“ Lehre vergab man noch zwischen Ideen, Fakten usw. unterschiedliche Formen. Das erhöht aber bloß die Komplexität, so dass dieser Ansatz glücklicherweise mittlerweile wieder verschwunden ist.
Der Versuch
Ich gebe zu, die Idee, eine Concept Map für mein Business zu bauen, hat mich jetzt nicht gerade umgehauen. So dauerte es fast eine Woche, bis ich die Aufgabe endlich in Angriff genommen habe.
Gleich einmal vorneweg. Eine Concept Map ohne einen Diagrammeditor bauen zu wollen, kannst du vergessen. Ich habe die meine insgesamt 4-mal umgebaut, bis ein einigermaßen ordentliches Ergebnis herausgekommen ist. Als Software habe ich den kostenlosen Diagrammeditor yED verwendet.
Hier also mein Ergebnis:

Ergebnis Selbstversuch Teil 1: die Cactus Competence Concept Map
Zusammengefasst fand ich das Erstellen der Concept Map anstrengend. Ich bin ein kreativer Kopf und lasse mich leicht von Möglichkeiten am Rande des Weges ablenken. Das ist ein Problem bei der Concept Map. Ich habe mich von der Formatierung und dem Hin- und Herschieben der Kästchen und Pfeile gefangen nehmen lassen. Schließlich wollte ich dir ja auch ein hübsches Bildchen präsentieren.
Kandidat 2: Die Mind-Map
Die Mind-Map wurde in den 1990ern vom Psychologen Tony Buzan entwickelt. Sie ist im Gegensatz zur Concept-Map wesentlich mehr Menschen ein Begriff, was natürlich auch an den Marketingfähigkeiten von Tony Buzan liegen kann.
Der Aufbau
Die Mind-Map folgt im Gegensatz zur Concept Map einem strikt hierarchischen Aufbau, wobei das zentrale Thema in der Mitte der Mind-Map angeordnet wird. Die Unterbegriffe werden von der Mitte aus baumartig oder sternförmig (das ist vermutlich Geschmackssachs) nach außen dargestellt und können beliebig viele Unterebenen bilden. Außerdem bist du beim Entwurf einer Mind-Map völlig frei. Du kannst beliebige Farben und Formen wählen, oder auch Bilder einfügen.
Also zum Beispiel:

Beispiel einer Mind-Map
Wenn du es damit übertreibst, dann kann eine Mind-Map für jemanden, der sie verstehen soll, allerdings schwer zu lesen sein. Ursprünglich war ihr Zweck aber auch, deine eigenen Gedanken aufs Papier zu bringen.
Der Versuch
Eine Mind-Map aufzubauen ist relativ einfach und schnell. Bei mir blieb der kreative Fluss erhalten und ich habe nur knapp ein Drittel der Zeit gebraucht, die ich für die Concept Map aufgewendet habe.
Auch für die Mind-Map habe ich eine kostenlose Software, nämlich Freemind, verwendet. Allerdings kann man eine Mind-Map auch problemlos auf Papier aufbauen. Wir haben in der Vergangenheit bei Teamarbeit oft auch Karteikarten verwendet, die wir dann zunächst einmal in eine baumartige Struktur angepinnt haben. Als interaktiver Ansatz bringt das Bewegung ins Team und alle können sich gleichermaßen einbringen. Inzwischen machen wir das online, funktioniert auch sehr gut. Eine spezielle Software braucht es dazu eigentlich nicht, Powerpoint tut es auch. Achte aber darauf, die Folie weit aufzuzoomen und in der Mitte mit kleinem Text anzufangen, damit nach außen hin der Platz nicht knapp wird.
Hier nun also wieder mein Ergebnis:

Ergebnis Selbstversuch Teil 2: die Cactus Competence Mind-Map
Wie du siehst, habe ich bei meiner Mindmap nur wenig Zeit in das „Aufhübschen“ verwendet. Das Risiko, sich darin zu verlieren, ist relativ groß. Hier ein Bildchen, dort ein Icon und schon sind eine oder 2 Stunden rum. Ich denke, du stimmst mir zu, dass es auf den Effekt, den wir erzielen, ankommt. Deshalb ist die Ästhetik natürlich wichtig, wenn du die Mind Map jemandem präsentieren willst, der darauf Wert legt.
Das Urteil
Ich weiß, für dich sind andere Dinge wichtig als für mich, deshalb habe ich meine Bewertung in verschiedene Kriterien unterteilt:
Erforderliche Werkzeuge
Beide Maps lassen sich mit Freewareprogrammen erstellen. Das funktioniert auch sehr gut, wenn man sich einmal an die Bedienung gewöhnt hat. Mind-Maps kann man aber auch gänzlich ohne Software erstellen. Bei Concept Maps ist das praktisch unmöglich, da sie auf jeden Fall mehrmals umorganisiert werden.
Daher 1:0 für die Mind-Map.
Zeitaufwand
Für die Mind-Map habe ich etwa 1,5 Stunden gebraucht, für die Concept Map über 4 Stunden. Das lag vor allem daran, dass ich die Map mehrfach umorganisieren musste. Man befindet sich schließlich in einem kreativen Prozess und das Endbild steht noch nicht von Anfang an fest. Durch die Vielzahl an Verbindungen zwischen den Concepts ist es sehr aufwändig, eine übersichtliche Darstellung zu finden. Bei der Mind-Map ist das wesentlich einfacher.
Auch hier also 1:0 für die Mind-Map.
Kreativer Fluss
Die Mind-Map kannst du sehr intuitiv aufbauen. Vor allem wenn du zunächst auf Formatierungen verzichtest, bleibt auch in deinem Team der kreative Fluss erhalten. Niemand muss warten und alle können sich beteiligen.
Eine Concept Map ist dagegen viel aufwändiger, da gleichzeitig zum Finden der Begriffe auch erste Verbindungen erstellt werden sollten. Das macht den Prozess kompliziert und die Teilnehmer müssen zwischen verschiedenen Tätigkeiten hin- und her springen. Nicht jedermanns Sache.
Auch hier also 1:0 für die Mind-Map.
Möglichkeiten, Projekte abzubilden
Hier kann die Concept Map aufholen. Du kannst mit einer Concept Map sehr viel einfacher die einzelnen Concepts in einem Projekt zueinander in Beziehung setzten und diese Beziehung auch beschreiben. Dadurch wird klar, worauf du achten musst, wenn du später deine Projektpläne entwirfst.
Auch bei einer Mind-Map kannst du durchaus Querverbindungen einzeichnen, aber sie ist nicht dafür gemacht. Das führt dazu, dass manche Elemente doppelt eingetragen oder mit entsprechenden Bemerkungen versehen werden müssen. Dadurch verliert die Mind-Map dann aber an Übersichtlichkeit.
Die Concept Map gewinnt diesen Punkt mit 1:0.
Darstellung und Erklärung
Allgemein heißt es, dass die Concept Map im Gegensatz zur Mind-Map selbsterklärend sei. Bei mir war es sogar eher anders herum. Die Concept Map mit ihren vielen Verbindungen wirkt auf den Betrachter eher verwirrend. Ich habe es versucht. Meine Frau musste sich das Ding anschauen, ohne dass ich ihr vorher gesagt hatte, worum es geht, und mir sagen, was sie daraus erkennt. Ich erntete eine hochgezogene Augenbraue für meine ganze Mühe. Sie konnte ohne Erklärung nicht viel damit anfangen. Und das, obwohl sie unser Business kennt! Dagegen war die Mind Map aufgrund ihres hierarchischen Aufbaus einfacher zu durchschauen.
Aber da kannst du dir ja oben selbst ein Bild machen.
Für mich gewinnt die Mind-Map diesen Punkt mit 1:0.
Ergebnis
Die Mind-Map gewinnt den Vergleich deutlich mit 4:1.
Da die Struktur vorgegeben ist, kannst du eine Mind-Map sehr viel schneller und mit viel weniger Aufwand und Komplexität erstellen. Da Zeit im Business unser wertvollstes Gut ist, finde ich das Ergebnis gerechtfertigt.
Im wissenschaftlichen Bereich und bei Projekten, bei denen die Beziehung der einzelnen Concepts von sehr hoher Wichtigkeit ist, hat die Concept Map durchaus ihre Berechtigung.
Der Versuch hat mir auch gezeigt, was das Risiko bei der Erstellung der Maps ist. Es geht nämlich immer noch schöner. Mit der Formatierung und dem „Aufhübschen“ der Maps kann man sehr viel Zeit vergeuden.
Deshalb ist es wichtig, dass du den Zweck deiner Mind-Map im Auge behältst. Nämlich, dir einen Überblick zu verschaffen. Mind-Maps eignen sich übrigens auch gut für alle anderen Aufgaben, bei denen es darum geht, die wesentlichen Punkte eines komplexen Themas übersichtlich darzustellen, z.B. wenn du etwas lernen möchtest.
Jetzt bist du dran!
Suche dir zum Anfang ein einfaches Thema und erstelle eine Concept Map oder eine Mind-Map, Je nachdem, was dir besser liegt. Es lohnt sich, regelmäßig Mind-Maps zu erstellen, damit du in Übung bist, wenn du es mal für etwas Wichtiges brauchst.
Hier nochmals die Links zum Download der kostenlosen Software:
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